Die Idee der post- oder nachindustriellen Gesellschaft stellt die sich wandelnden technologisch - ökonomischen Faktoren der Gesellschaft in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Dabei betont DANIEL BELL fünf Komponenten der nachindustriellen Gesellschaft:1
Die intellektuelle Technologie definiert rationales Handeln und sucht Mittel zu dessen Umsetzung, wobei gegenintuitive Maßnahmen einfachen Kausalitäten vorgezogen werden. Die nachindustrielle Gesellschaft ist gekennzeichnet von einer gestärkten Rolle der wissenschaftlichen Erkenntnis, was dazu beiträgt, daß Wissenschaftler in den politischen Prozeß einbezogen werden. Es entwickelt sich eine bürokratisierte Intelligenz, die in Konflikt geraten kann mit traditionellen geisteswissenschaftlichen Zielen und Werten.2
2 Die Nachindustrielle Gesellschaft bei Daniel Bell
4 Der Begriff der Informationsgesellschaft
5 Globalisierung und Lokalisierung
7 Das Konzept der Informationsgesellschaft und die politische Öffentlichkeit des Internets
2 Die Nachindustrielle Gesellschaft bei Daniel Bell
4 Der Begriff der Informationsgesellschaft
5 Globalisierung und Lokalisierung
7 Das Konzept der Informationsgesellschaft und die politische Öffentlichkeit des Internets
BELL verwendet das axiale Prinzip im Sinne konzeptueller Schemata, die, die Komplexität vereinfachend, einige Attribute aus der Gesellschaft herausnehmen, um entlang dieser Achse Unterschiede in verschiedenen Epochen herauszuarbeiten. Die Achse ist "jene die ganze Organisation bestimmende Einrichtung, um die sich alle anderen Institutionen gruppieren, oder das bewegende Prinzip, das für alle anderen eine vorrangige Logik darstellt."3 Entlang der Achse der Eigentumsverhältnisse z.B. stoßen wir auf eine Abfolge der Begriffe Feudalismus, Kapitalismus, Sozialismus. Bell wählt für seine Untersuchung das axiale Prinzip der Produktion und des angewandten Wissens, an dem die Begriffe der vorindustriellen, industriellen und nachindustriellen Gesellschaft angesiedelt sind. Entsprechend der jeweiligen Achse lassen sich Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen verschiedenen Gesellschaften ausmachen. In der nachindustriellen Gesellschaft nimmt das theoretische Wissen die Stellung des axialen Prinzips ein, um das sich die neuen Technologien, das Wirtschaftswachstum und die gesellschaftliche Schichtung versammeln.4
Mit dem Ansatz des axialen Prinzips setzt BELL sich bewußt von MARX ab, der aus der Eigenschaft des Kapitalismus auch alle anderen Eigenschaften einer Gesellschaft ableitet, während das axiale Prinzip verschiedene Betrachtungsweisen zuläßt.5 Überhaupt setzt BELLS Analyse bei einer Auseinandersetzung mit MARX'S Ansichten über die Zukunft des Kapitalismus an. Dabei hebt er den Unterschied zweier Sichtweisen von MARX hervor. Auf der einen Seite steht die hinreichend bekannte Ansicht von der vorbestimmten Entwicklung der Gesellschaft, die sich auf zwei Klassen konzentriert, die schrumpfende Klasse der Kapitalisten und die wachsende des Proletariats. Die Zentralisation der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit spitzen sich so weit zu, bis es zur Revolution kommt. Auf der anderen Seite stehen Äußerungen aus dem dritten Band des "Kapitals", in dem die Entstehung des Managements und einer Klasse von Angestellten ebenso thematisiert wird wie die Änderungen in der Verfügbarkeit von Kapital durch die Zentralisierung des Banksystems.6 Diese Merkmale sprechen laut BELL gegen die Polarisierung von Bourgeoisie und Proletariat und deuten auf eine andere Entwicklung hin. Er betont die Ausbildung der Bürokratie sowohl im Sozialismus als auch im Kapitalismus und sieht sowohl die sozialistischen als auch die kapitalistischen Staaten auf der Achse der Produktion und der Technologie einer nachindustriellen Gesellschaft entgegengehen, die eine Änderung der Sozialstruktur mit sich bringt. Diese Veränderung wird zunächst nur auf die Sozialstruktur bezogen und schließt eine Änderung der Bereiche der Politik und der Kultur nicht automatisch mit ein.
Während in der industriellen Gesellschaft die Kapitalbeschaffung das hauptsächliche Wirtschaftsproblem ist und das Unternehmen mit den Konflikten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber das Zentrum der sozialen Beziehungen und Probleme darstellt, rückt in der nachindustriellen Gesellschaft die Organisation der Wissenschaft mit den Universitäten als wichtigster Institution in den Vordergrund.7 Die Wirtschaft basiert auf durch wissenschaftliche Forschung begründeten Industrien mit gut ausgebildeten Beschäftigten als Ressource. Die Politik steht vor dem Problem, die geeigneten Rahmenbedingungen für Bildung und Wissenschaft zu stellen.
Da das theoretische Wissen das entscheidende axiale Prinzip der nachindustriellen Gesellschaft ist, spielt die Definition des Begriffs Wissen ebenso eine besondere Rolle. Die Stellung des Wissens nimmt historisch in dem Moment eine neue Rolle ein, wenn sich das Wissen der gesamten Menschheit nicht mehr von einer einzigen Person überschauen läßt. Als Illustration für diese Entwicklung nimmt BELL die Ausarbeitung der Encyclopaedia Britannica, woran bis 1788 nur ein oder zwei Gelehrte beteiligt waren, während danach zunehmend Experten einbezogen wurden, deren Zahl bis 1967 schon auf 10.000 angewachsen war, was das enorme Wachstumspotential des Wissens veranschaulichen soll.
Das Wissen definiert BELL zunächst in Abgrenzung zu den Begriffen der Unterhaltung und der Nachrichten oder Neuigkeiten als "Sammlung in sich geordneter Aussagen über Fakten oder Ideen, die ein vernünftiges Urteil oder ein experimentelles Ergebnis zum Ausdruck bringen und anderen durch irgendein Kommunikationsmedium in systematischer Form übermittelt werden."8 Des weiteren schränkt er seine Definition für gesellschaftspolitische Zwecke, als Maßstab für die Mittelverteilung zur Erreichung sozialer Ziele, dahingehend ein, daß er Wissen im Sinne geistigen Eigentums sieht, daß durch soziale Anerkennung bestätigt wird. Es erfolgt eine Bezahlung in Form des Zeitaufwandes für die Forschung sowie über die Vergütung durch Kommunikations- und Bildungsmedien, weiterhin eine Bewertung über den Markt und die Beurteilung durch Eingeweihte oder politische Instanzen.9 Diese Sichtweise konzentriert sich auf sozialökonomische Aspekte und läßt bewußt den Bereich z.B. des sozialen Umfelds der Ideen außer Acht.
Mit der mengenmäßigen Ausbreitung des Wissens ergibt sich auch eine inhaltliche Verzweigung in Spezialgebiete oder Unterdisziplinen, die in Zusammenhang mit der Entstehung der Technologie eine neue Kultur der Vielfalt und Verschiedenartigkeit gegenüber der alten der Kontinuitäten hervorgebracht haben.10 Die Technologie hat Produktivitätssteigerungen erzeugt, die eine Steigerung des Lebensstandards sowie eine Abschwächung der sozialen Ungleichheit ermöglicht haben; sie hat eine Klasse der Techniker und Ingenieure kreiert, die eine neue Art der Rationalität verkörpert, in der Funktionalität und quantitative Anschauungsformen im Vordergrund stehen. Die Technologie führt zu einer Umwälzung des Transport- und Kommunikationswesens, das sowohl die wirtschaftlichen als auch die sozialen Beziehungen in neue Vernetzungen überführt hat. Schließlich ergab sich auch eine veränderte erkenntnistheoretische Sichtweise der Welt, indem die Begriffe von Zeit und Raum durch veränderte Geschwindigkeitserfahrungen und, dank der Luft- und Raumfahrt, durch distanziertere Beobachtungen der Erde, eine neue Ausprägung erhielten.
Da aufgrund der axialen Stellung des theoretischen Wissens die Neuerungen von der Forschung bestimmt werden und auch das Wissen, gemessen an den Beschäftigtenzahlen auf diesem Gebiet sowie seinem Anteil am Bruttosozialprodukt, in der Gesellschaft einen immer höheren Stellenwert bekommt, läßt sich die nachindustrielle Gesellschaft als eine Wissensgesellschaft bezeichnen.11
Die Berechnung der Wissensanteile am Bruttosozialprodukt geht auf die Analyse von FRITZ MACHLUP zurück, von dessen weiter Definition des Wissens sich BELL abgrenzt.12 Von der Wissensdefinition hängt natürlich auch der Anteil am Bruttosozialprodukt ab, so daß die Einschätzungen sehr unterschiedlich ausfallen. BELLS reduzierter Ansatz zur Erfassung des Wissensanteils beschränkt sich auf die Forschung, die höhere Bildung und die Wissenserzeugung. Dabei hat sich allein der Anteil der Ausgaben für Schulen in den USA von 3,4 % im Jahre 1949 auf 7,5 % im Jahre 1969 verdoppelt. Die Wissensklasse teilt sich in drei Teile: Die wissenschaftliche Elite, die Mittelklasse der Ingenieure und Professoren sowie die "Proletarier" der Wissensklasse, d.h. die Techniker, Assistenten und der akademische Mittelbau. Andererseits ergibt sich eine Differenzierung in eine technische Intelligenz und die geisteswissenschaftlichen Intellektuellen. Insgesamt umfaßte die Wissensklasse laut BELL, der dazu die Hoch- und Fachhochschulabsolventen sowie die höheren Angestellten, die Beamten und Geschäftsinhaber zählt, in den USA im Jahre 1975 ungefähr 25 %.
Über die Bildung dieser Wissensklasse hinaus ergibt sich in der nachindustriellen Gesellschaft eine grundsätzliche Änderung der Struktur nach den verschiedenen Wirtschaftssektoren.
Da der Dienstleistungsbereich die herausragende Rolle spielt, er sich jedoch von den Dienstleistungsbereichen der vorindustriellen und der industriellen Gesellschaft unterscheidet, wird er in der nachindustriellen Gesellschaft weiter differenziert, indem BELL ihn in drei einzelne Sektoren unterteilt.13
Der tertiäre Sektor wird von den Bereichen Verkehr und Erholung besetzt, den quartären machen die Banken und Versicherungen aus, und der quintäre Sektor bildet sich aus den Bereichen Gesundheit, Ausbildung, Forschung und Regierung.
Ist in der Industriegesellschaft der Lebensstandard nach der Quantität der Güter bemessen, so verschiebt sich dieses in der nachindustriellen Gesellschaft auf die Dienstleistungen.14 Dabei verschiebt sich die Betonung vom tertiären auf den quintären Sektor, der Gesundheit, Ausbildung, Forschung und Regierung beinhaltet, da zum einen die Gesundheit und die Verlängerung der Lebensdauer eine wachsende Bedeutung einnehmen, zum anderen die Anforderungen im Bereich der Ausbildung auf die Individuen steigen, weshalb sich ein gesteigerter Bedarf an Schul- und Hochschulbildung entwickelt. Letztlich wird auch eine Ausweitung der öffentlichen Einrichtungen notwendig, um den gesteigerten Ansprüchen in den Bereichen Umwelt, Gesundheit und Bildung, die sich nicht durch den Markt regeln lassen, gerecht werden zu können.
Auch im politischen Bereich soll die technische Intelligenz eine hervorragende Rolle in der nachindustriellen Gesellschaft spielen, wobei ihre Rolle als Schicht sowie ihre besondere ethische Ausrichtung berücksichtigt werden muß.15 Diese neue Rolle der technischen Intelligenz ergibt sich aus der Vorrangstellung der intellektuellen Technologie, die technische und gesellschaftliche Entwicklungen vorausplant. Als Grundlage der Macht sind immer weniger das Eigentum oder ein politisches Amt, sondern zunehmend die Bildung und das technische Können anzusehen. Diese Aussage wird aber insoweit etwas zurückgenommen, als daß Politik für BELL immer etwas mit Feilschen zwischen verschiedenen Ansprüchen zu tun hat und auch der Ruf nach mehr Mitbestimmung und Abschwächung der Bürokratie einen Einfluß haben wird.
Die Gesellschaften wandeln sich auf dem Weg zur nachindustriellen Gesellschaft in zweierlei Hinsicht.16 Zum einen besteht ein Wandel, indem die Ökonomie der Politik untergeordnet wird. Dies geschieht je nach System unter verschiedenen Vorzeichen, jedoch allgemein so, daß Kontrollsysteme die Wirtschaft beeinflussen. Zweitens vollzieht sich eine Trennung der gesellschaftlichen und besonders beruflichen Stellung des Einzelnen von dem Eigentum. Die Umsetzung einer Funktion unmittelbar in Eigentum verschwindet zugunsten der reinen Funktion; die gesellschaftliche Stellung entscheidet sich mithin durch die fachliche Qualifikation, was auf die schon erwähnte Wissensklasse weist. Bildet diese die höchstgestellte Klasse in der Gesellschaft, so ergibt sich daraus nicht automatisch, daß sie als Klasse auch die politische Kontrolle ausübt , da sie in sich zu heterogen aufgebaut ist.
Mit der Unterordnung der Ökonomie unter die Politik verschiebt sich der Ort der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen ebenfalls von der Ökonomie zur Politik. Dabei spielt dann im Bereich der Bildung von Interessengruppen weniger der Status als der Situs eine Rolle. Zur politischen Einflußnahme bilden sich pressure groups am Ort der Tätigkeit innerhalb der Wissensklasse, so z.B. an den Universitäten, in Wirtschaftsunternehmen oder auch beim Militär.
In Auseinandersetzung mit dem Begriff der Knappheit als einer Kostenfrage sieht BELL auf die nachindustrielle Gesellschaft das Problem der Informations-, Koordinations- und Zeitkosten zukommen.17
Die Information nimmt in der nachindustriellen Gesellschaft eine zentrale Rolle ein: "War die Industriegesellschaft eine güterproduzierende, so ist die nachindustrielle Gesellschaft eine Informationsgesellschaft."18
Ein Problem im Zusammenhang mit der Information ist deren große und wachsende Menge, die eine umfassende Informiertheit erschwert. Dabei werden die Informationen fachlich spezialisierter, so daß sie oft ohne Spezialkenntnisse nicht zu verstehen sind, wobei die Journalisten auf den Plan kommen, die Fachinformationen verständlich zu übermitteln, wofür sie sich selbst immer weiter spezialisieren müssen. Letztlich ist auch die Aufnahmefähigkeit der einzelnen begrenzt, weshalb immer weniger im Verhältnis zur wachsenden Gesamtmenge des Wissens gewußt werden kann.
Die Koordinationskosten ergeben sich aus einer gesteigerten Partizipation aufgrund der Verschiebung von der Ökonomie zur Politik, die eine Verlagerung der Steuerung von der "unsichtbaren Hand" zu realen Personen mit sich bringt.19 Dies bedeutet einen größeren Zeitaufwand, der sich frustrierend auswirkt, weil ein Vorankommen kaum erkennbar ist. Darüber hinaus führen ausgeweitete Kommunikationsnetze zu einer gesteigerten Geselligkeit, zu mehr räumlicher und sozialer Mobilität, die die zwischenmenschlichen Kontakte vervielfachen und dadurch auch verflachen lassen, wobei eine erhöhte Mobilität die Gesellschaft nicht zuletzt durch entstehende verkehrsbedingte Umweltzerstörungen überlastet.
Schließlich ergibt sich aus der gesteigerten Komplexität der Gesellschaft ein erhöhter Planungsbedarf.
Die Zeitknappheit wird durch die erforderliche Produktionszeit, aber auch durch die für den Konsum benötigte Zeit charakterisiert.20 In Gesellschaften mit einem niedrigen Produktionsniveau ist die Zeit billiger als in Gesellschaften mit einer hohen Produktivität, da ein zeitlicher Mehraufwand bei niedriger Produktivität nur eine geringe Werterhöhung zur Folge hat. Die Inanspruchnahme von Dienstleistungen ist eine erkaufte Zeitersparnis, da diese Arbeit bei selbständiger Erledigung zeitintensiv wäre; letztendlich läßt sich in der nachindustriellen Gesellschaft allgemein ein Trend zu zeitsparenden Abläufen ausmachen.
Die entscheidenden Kennzeichen der nachindustriellen Gesellschaft sind im ökonomischen Bereich die Verlagerung von der Güterproduktion zu den Dienstleistungen, im Bereich der Technologie die zentrale Stellung neuer, wissenschaftlich fundierter Industrien und im soziologischen Bereich die Entstehung einer neuen technischen Elite in einem neuen Schichtungsprinzip. Sie ist geprägt durch den Übergang von einer warenproduzierenden zu einer Informations- oder Wissensgesellschaft und im Bereich des Wissens durch den Übergang von der Empirie zur systematischen Theoretisierung.
Der Begriff der nachindustriellen Gesellschaft beschreibt als ein Idealtypus ausdrücklich nur eine gesellschaftliche Einzeldimension, die Sozialstruktur.21 Dieser kann als eine der hauptsächlichen Differenzen zu dem Konzept der reflexiven Modernisierung gesehen werden, welches gerade als ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz gesehen wird. Aus dieser Perspektive scheint es ein großer Nachteil der Theorie der nachindustriellen Gesellschaft zu sein, daß gesellschaftliche Veränderungen auf eine "Schwerpunktverschiebung vom industriellen zum Dienstleistungssektor eingeengt" werden.22 Dem aus der Auseinandersetzung mit marxistischen Kategorien entstandenen axialen Prinzip wird also ein ganzheitlicher Ansatz gegenübergestellt, der sich ausdrücklich von einer linearen Entwicklung distanziert.
In Übereinstimmung mit den Nebenfolgen bei ULRICH BECK macht BELL die Umweltzerstörungen als Folgen zweiter und dritter Ordnung der Industriegesellschaft aus. Der entscheidende Unterschied in diesem Kontext ist allerdings, daß dieses Problem nicht als Ausgangspunkt eines gesamtgesellschaftlichen Umbruchs angesehen wird, sondern daß der Umweltzerstörung die intellektuelle Technologie entgegengesetzt wird, die etwaige Probleme schon im Voraus in die Planung mit einbezieht und löst.
Die nachindustrielle Gesellschaft ist als eine Informations- oder Wissensgesellschaft zu sehen, in der Wissen zur wirtschaftlichen Ressource wird. Dabei steht die Wissensklasse im Vordergrund, die in technokratischer Manier die Entwicklung plant. Das Konzept einer Informationsgesellschaft unter Einbeziehung der reflexiven Modernisierung hingegen strebt eine Reduktion der durch die radikalisierte Moderne verschärften gesellschaftlichen Komplexität an, was in den folgenden zwei Kapiteln verdeutlicht werden soll.
1
Vgl. Daniel Bell: Die nachindustrielle Gesellschaft, Reinbek bei Hamburg 1979, S. 29ff.zurück
2
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 51f.zurück
3
Daniel Bell, a.a.O., S. 26.zurück
4
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 110ff.zurück
5
Vgl. ebd.zurück
6
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 62ff.zurück
7
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 110ff.zurück
8
Daniel Bell, a.a.O., S. 176f.zurück
9
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 177ff.zurück
10
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 189ff.zurück
11
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 214ff.zurück
12
FRITZ MACHLUP gehört ebenso wie PETER F. DRUCKER und SIMON NORA / ALAIN MINC zu den Vertretern einer informationsökonomischen Theorie der Informationsgesellschaft. Von besonderer Bedeutung ist bei MACHLUP die Behandlung der Begriffe Information und Knowledge, deren Trennung er ablehnt, da sie in verschiedenen Wissenschaften unterschiedlich verwendet würden und vor allem der Gebrauch des Begriffs Information recht willkürlich gehandhabt würde. Deshalb nimmt er eine Trennung nur in Ausnahmefällen vor. MACHLUP versucht, das gesamte Wissen zu quantifizieren, wobei er den Begriff Knowledge (,der in der deutschen Übersetzung übernommen wird, da er mehr beinhaltet, als der Begriff "Wissen" aussagt) in fünf Klassen einteilt: 1. Praktisches Wissen, weiter untergliedert in : a) berufsbezogenes Wissen, b) geschäftlich - kaufmännisches Wissen, c) hand-werkliches Wissen, d) politisches Wissen, e) Wissen im Haushalt, f) sonstiges Wissen. 2.Intellektuelles Wissen. 3.Small - Talk und Freizeitwissen. 4. Spirituelles Wissen. 5. Unerwünschtes Wissen.
MACHLUPS Ansatz zielt mehr auf die Identifizierung einer Knowledge - Society als einer Informationsgesellschaft, da er sich vor allem bemüht, die neu entstandene besondere Bedeutung des Knowledge - Bereichs zu untersuchen, indem er dessen Anteil am Bruttosozialprodukt berechnet und auf einen Anteil von ca. 29 Prozent kommt. Diese Zahl wurde aber wegen seines weit gefaßten Knowledge - Begriffs, der z.B. auch Schreibwaren und Büroartikel zum Bereich der Kommunikationsmittel rechnet, als irreführend kritisiert. Trotzdem wird generell eine Bedeutungssteigerung dieses Bereiches nicht bestritten. Als Konsequenz der gesteigerten Bedeutung des Knowledge - Bereichs führt MACHLUP neben den drei bekannten Wirtschaftssektoren (Landwirtschaftlicher Sektor, Industrieller Sektor, Dienstleistungssektor) einen vierten Sektor der Wissensindustrie ein.
Die Bedeutung von MACHLUPS Arbeit liegt in der Ermittlung des Umfangs des Knowledge - Sektors anhand des Bruttosozialproduktes, was als Kriterium zur Identifizierung einer Informationsgesellschaft auch später noch herangezogen wurde.
PETER F. DRUCKER unterscheidet ein Zeitalter der Kontinuität, das von 1913 bis zum Ende der 60er Jahre reicht, und ein Zeitalter der Diskontinuität, das daran anschließt. Diese zeitliche Einteilung bezieht sich allein auf ökonomische Fragen; die Kontinuität bestand also nicht im politischen oder sozialen Bereich, sondern allein darin, daß die entscheidenden Erfindungen und Entwicklungen Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des ersten Weltkrieges vollbracht wurden und die darauf folgenden 50 Jahre zwar eine ökonomische Entwicklung aufwiesen, jedoch keine entscheidenden Änderungen in der Struktur. Durch bloße Fortführung der Trends von 1913 hätte laut Drucker ein Ökonom die Wirtschaftsdaten der 60er Jahre ermitteln können. Dieses Zeitalter der Kontinuität wird durch ein Zeitalter der Diskontinuität abgelöst, welches das gesamte wirtschaftliche System durcheinanderwirft. Vier Faktoren tragen zum Aufkommen der Diskontinuität bei: 1. Die Entwicklung der Datenverarbeitungstechnologie und einer Informationsindustrie. 2. Die Internationalisierung der Wirtschaft. 3. Eine Individualisierung, die mit der Neutralisierung der großen sozialen und politischen Organisationen einhergeht. 4.Es entsteht eine Knowledge Society, in der Knowledge, jenseits der Wirtschaftssektoren, zum zentralen Element der Gesellschaft wird. Das Ziel DRUCKERS ist die Ermöglichung einer Preisbildung.
SIMON NORA und ALAIN MINC sehen in der Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien einen wesentlichen wirtschaftlichen Entwicklungsfaktor. Zum einen bildet sich ein Produktionssektor zur Herstellung der notwendigen Hard- und Software. Darüber hinaus ermöglicht diese Technologie einen Produktivitätsschub in der gesamten Industrie. Schließlich bildet sie den entscheidenden Faktor in der gesellschaftlichen Infrastruktur und breitet sich in der gesamten Gesellschaft aus. Es bildet sich also eine Informationsgesellschaft in dem Sinne, daß die Gesellschaft auf Informationstechnologien basiert. Der Prozeß, der zu diesem Zustand hinführt, wird mit der Informatisierung bezeichnet.
Vgl. Fritz Machlup: Knowledge: It's Creation, Distribution, and Economic Significance; Princeton 1980. ; Peter F. Drucker: The Age of Discontinuity. Guidelines to our Changing Society; New York 1968, 1969. ; Simon Nora, Alain Minc: Die Informatisierung der Gesellschaft, Frankfurt a. M., New York 1979.zurück
13
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 114.zurück
14
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 131ff.zurück
15
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 252ff.zurück
16
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 264ff.zurück
17
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 342ff.zurück
18
Daniel Bell, a.a.O., S. 343.zurück
19
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 345f.zurück
20
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 348f.zurück
21
Vgl. Daniel Bell, a.a.O., S. 363.zurück
22
Ulrich Beck: Das Zeitalter der Nebenfolgen und die Politisierung der Moderne, in: Ulrich Beck; Anthony Giddens; Scott Lash: Reflexive Modernisierung. Eine Kontroverse; Frankfurt a.M. 1996, S. 38.zurück
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